Telemann in Hamburg.


Taktisches Geschick

Telemanns erstes Jahr in Hamburg verlief nicht reibungslos. Auflagen waren zu beachten, finanzielle Einschränkungen hinzunehmen, mit denen Telemann bei Amtsantritt nicht gerechnet hatte. So bekam Telemann für die jährlich zu liefernde Passionsmusik nur ein Honorar von 36 Hamburgischen Mark, weshalb er daran dachte, diese Einnahme wie in Frankfurt durch den Verkauf von Textbüchern aufzubessern. Gegen diese Praxis hatte jedoch der Druckereibesitzer Neumann etwas, der als privilegierter Drucker aller Ratsverlautbarungen (deswegen „Ratsdrucker“ genannt) dieses Recht für sich beanspruchte. Zwar setzte sich hier Telemann mit seiner Auffassung durch. Doch war ihm Hamburg nach neuem Ärger – die Oberalten protestierten beim Rat gegen Aufführungen Telemannscher Kompositionen in Wirtshäusern – nach nur einem Jahr gründlich verleidet. Unzureichende Bezahlung, zu kleine Dienstwohnung, dazu der Eingriff in seine künstlerische Freiheit – da kam ein Angebot aus Leipzig gerade recht, die Nachfolge des kürzlich verstorbenen Thomaskantors Johann Kuhnau anzutreten, zumal mit diesem Angebot eine Verdoppelung seiner Bezüge (verglichen mit Hamburg) verbunden gewesen wäre.

Allmählich dämmerte es dem Hamburger Rat, welche Blamage es sein würde, Deutschlands berühmtesten Musiker nach nur einem Jahr an das wirtschaftlich schwächere Leipzig zu verlieren. Am 2. November 1722 ließ er protokollieren, „dass man diesen berühmten Musicus, dessen Kirchenmusik der Stadt ewig Ehre macht“, halten wolle. Zwei Tage später bot man Telemann eine Erhöhung seines Grundgehalts an, dazu eine größere Dienstwohnung. Daraufhin sagte Telemann in Leipzig ab.